Die geschichtliche Abfolge von
Luthers (10.11.1483 - 18.2.1546) reformatorischem Wirken aus brandenburgischer Sicht

(Stand: 19.01.2005)

Der 1. November 1539 gilt als als der Tag der offiziellen Einführung der Lutherischen Reformation in Brandenburg. Aus diesem Anlass vor 465 Jahren wird hier der Versuch unternommen, die geschichtliche Abfolge dieser Ereignisse aus brandenburgischer Sicht zusammenzutragen.

1465 Der Ablaßprediger Tetzel wird in Pirna geboren, Studium in Frankfurt a.d.Oder
1493 Erster nachweislicher Buchdruck in der Mark Brandenburg (Marienpsalter im
Kloster Zinna); die Mark Brandenburg zählte damals etwa 500.000 Einwohner

1507 Bischof Hieronymus v. Brandenburg meldete Schwierigkeiten mit der Witten-
berger Geistlichkeit
1508 Im Winter kam Luther nach Wittenberg (Mitglied im Konvent)
1510/11 Romreise Lutthers, anschließend endgültige Versetzung nach Wittenberg.
Luthers Besuch in Rom, seine unmittelbaren Erlebnisse bei den Besuchen der Kirchen und päpstlichen Sammlungen führten zur scharfen Kritik an der Kurie. (Vorwurf der Geldsucht und Habgier). Im Mittelpunkt kirchlicher Aufgaben hat die gute Nachricht von der Vergebung der Sünden durch die Gnade Gottes zu stehen. Die Kirche muss die ursprüngliche Botschaft der Bibel wieder entdecken. Er verweist auf die Nächstenliebe als das zentrale Anliegen der Christenheit; Prunksucht und Geldgier des Papstes stünden dazu im krassen Widerspruch.
1512 Albrecht, der Bruder des brandenburg. Kurfürsten Joachim I., wird Verweser
des Bistums Halberstadt,
Die Wittenberger Geistlichkeit weigerte sich, zur Synode in Brandenburg zu erscheinen (dem Bischof sollte eine Beisteuer genehmigt werden). Der Bischof erörterte diesen Streit über vier Jahre hinweg mit dem päpstlichen Stuhl.
1513 Albrecht wurde Erzbischof von Magdeburg
1514 Albrecht erhielt zusätzlich das Erzbistum und Kurfürstentum Mainz. Diese
Ämter- und Machterweiterung kostete viel Geld und wurde vom Augsburger Kaufmann Fugger wesentlich finanziert.
17.9.1517 Kurfürst Joachim I. autorisierteTetzel, der inzwischen vom Erzbischof Albert eingesetzt worden war, zur Ausführung der Finanzoperation. 50% der Einnahmen gingen nach Rom, 50 % erhielt der Erzbischof Albrecht, der seinen Bruder, den Kurfürsten Joachim beteiligte. Albrecht hatte erhebliche Schulden bei dem Augsburger Kaufmann Jakob II. Fugger (1459-1525) abzutragen.
31.10.1517 Luthers Thesenanschlag gegen den Ablaßhandel. Mit seinen
95 Thesen wollte Luther allein einen Disput unter Theologen anregen.
1518 "Sermon von Ablaß und Gnade"
Juni: Einleitung des kanonischen Prozesses gegen Luther in Rom
7.8. Zitation nach Rom
12.-14.10. Verhör in Augsburg (vor Cajetanus)
Der Brandenburger Bischof Hieronymus suchte in Wittenberg eine Unter-
redung mit Luther, die er jedoch ohne großen Nachdruck führte. (Fühlte sich
zuz dieser Zeit vom Erzbischof bei der Verteilung der Einnahmen übergangen)

Tatsächlich brachte Luther mit seinen Thesen den Stein ins Rollen und löste schließlich eine Lawine aus. Darüber war er selbst so erschrocken, daß er dazu erklärte: "Das ganze Lied wollte meiner Stimme zu hoch werden"

Bischof Hieronymus bemerkte sehr spät die revolutionäre Bedeutung der Thesen Luthers und schwörte bald darauf, er könne sein Haupt nicht eher niederlegen, bis er Luthern dem Holzstoße überliefert hat. (zitiert von Luther in einem Brief am 3.10.1519 an den Freund Staupitz)

Zu dieser Zeit studierten 89 Märker in Wittenberg (Bedeutung für die Verbreitung der Lehre Luthers)
Da er nicht widerrief wurde er als Ketzer verurteilt. Politische Umstände kamen ihm zu Hilfe. Kaiser Maximilian starb. Bevor er in Innsbruck prunkvoll bestattet wurde, war bereits der Streit um seine Nachfolge entbrannt. Der päpstliche Prozeß gegen den Ketzer kam ins Stocken.
1518-1521 Luther nutzte die Zeit, predigte, dozierte in Wittenberg, zog viele
Besucher an, die seine Lehre vor allem in Norddeutschland, in den skandinavischen Ländern und in der Schweiz verbreiteten.
Im Mittelpunkt seiner Predigten stand die Rede von der Gnade Gottes

Zwingli in Zürich, seit 1522
Calvin am Genfer See (im 3. Jahrzehnt des 15. Jahrhundert)

1518 Friedrich der Weise lehnte die Auslieferung L. gegenüber Papst Leo X. ab.
28.6.1519 Die Wahl Karls V. in Frankfurt, Krönung 22.10.1520 in Aachen
1519 Begegnung des späteren Kurfürsten Joachim II. mit Luther. War sehr von der
These beeindruckt, daß Rechtfertigung allein durch Glauben an Christus und durch sonst nichts erfolge
1520 "Sermon von den guten Werken"
15.6.1520 Bannandrohungsbulle

August: Luthers Schrift: "An den christlichen Adel deutscher Nation"
November: "Von der Freiheit eines Christenmenschen"

10.12.1520 Luther verbrannte öffentlich die Bannandrohungsbulle
1520 Der verärgerte Erzbischof versetzte Hieronymus, der L. nicht zur Raison
brachte, nach Havelberg
3.1.1521 Bannbulle. Luther wurde vom Papst gebannt.
1521 Der junge (20 Jahre) Spanier Karl V. wurde 1519 zum neuen Kaiser gewählt.
Er rief seinen 1.Reichstag zum 27.1.1521 entgegen der Regel nicht nach Nürnberg (Pestgefahr in der Stadt) sondern nach Worms ein. 31 Fürsten, 50 Bischöfe, 83 Prälaten, 145 Grafen und dazu Vertreter der Städte berieten 10 Monate lang die Zukunft Deutschlands.
Da die Einheit von Kirche und Staat auf dem Spiele stand, sollte auf Drängen der Reichsstände der Ketzer (Häretiker) Luther Gelegenheit erhalten, seine Lehre zu verteidigen. (Einladung v. 6.3.1521) Bei diesen vorausgehenden Beratungen waren die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg heftigst aneinandergeraten und konnten nur durch das Zugreifen des Erzbischofs von Salzburg und anderer auseinandergehalten werden.
Für L. stand damit eine schwierige Entscheidung an. Hus wurde hundert Jahre zuvor trotz Zusicherung freien Geleites in Konstanz verurteilt und verbrannt. Luther: "Wenn doch so viele Teufel in Worms wären wie Ziegel auf den Dächern, wollte ich doch hinein!" Abreise am 2.4.1521

Am 16.4. kam Luther in Worms an und erschien alsbald am 17.4.vor dem versammelten Reichstag, wo ihm zwei Fragen gestellt wurden, die er am 18.4. beantworten sollte (ob der diese Schriften verfaßt habe und ob er sie widerriefe?) und er widerrief am nächsten Tage nicht.
Karl V. sprach die Reichsacht aus, ließ ihn jedoch am 26.4.frei abziehen und beabsichtigte, ihn erst nach seiner Heimkehr einfangen zu lassen.

4.5.1521 wird sein Wagen von einem wilden Reitertrupp überfallen. L. wird im Auftrag
des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen auf die Wartburg entführt und in eine Art Schutzhaft genommen.
8.5.1521 Wormser Edikt, Luther kommt in die Reichsacht
Ullrich von Hutten, ungewiß über das Schicksal Luthers, bot L. Unterstützung an.
L. übersetzte die Psalmen und das Neue Testament in die deutsche Sprache:
"Die gantze heilige Schrift Deudsch"
3000 Exemplare wurden sofort abgesetzt, Luthers Lehre damit gleichzeitig verbreitet. Die aufblühende Buchindustrie trug ganz wesentlich zur Verbreitung der Reformation bei. Von dieser Übersetzung ging auch gleichzeitig ein Impuls aus, die Bibel jeweils in die Muttersprache zu übersetzen!

Damit wird Gottes Wort in den Mittelpunkt des neuen Glaubens gestellt. Die Kirchen werden mehr und mehr Hörsäle (Kirchenbänke werden aufgestellt) Rituale treten im Gottesdienst zurück, die Wortverkündigung wird bedeutsam; es kommt in den Kirchen zum sogenannten Schmuck- und Bildersturm.
3./4.12.1521 Kirchentumulte in Wittenberg

1521 Der 41. Bischof von Brandenburg, Dietrich von Hardenberg, empörte sich darüber, daß die Zerbster einen Lutherischen Prediger bestellten, die Kränze und Bilder aus der Kirche genommen und die altertümliche Form des Gottesdienstes abgelegt hatten. Zudem hatte der lutherische Prediger geheiratet.

März 1522 Luthers Rückkehr nach Wittenberg, er wollte Auswüchse der Reformbewegung (u.a. Bilderstürmerei) verhindern.

Die Reformation enthielt revolutionäre Sprengkraft! Das führt dann auch zu den Bauernkriegen. Soziale Spannungen entluden sich blutig, und Luther erschrak und erzürnte darüber: "Ihr Herren, schlagt die aufrührerischen Bauern tot, wo immer ihr ihrer habhaft werdet!"
1525 Thomas Münzer führte die Bauern in die Schlacht von Frankenhausen
1500 Reiter + 1000 Soldaten zu Fuß erteilten den Bauern eine vernichtende Niederlage.
Luther erkannte: "All ihr Blut ist auf meinem Hals".
4 Wochen nach dieser Schlacht heiratet L. Katharina von Bora (13.6.)

Gemeindeordnung (1523), Ev. Gesangbuch werden herausgegeben.

1525 Luthers Schriften werden vom Kurfürsten in Brandenburg verboten.
Bischof von Hardenberg stirbt. Sein Nachfolger, Dr. Matthias von Jagow zeigte sich von Anfang an geneigt, die Reformation anzuerkennen.
1526 Der Kurfürst Joachim I. verbot die Lutherbibel
1527 Ein Fünftel aller Bewohner im Reich bekannten sich zum reformierten Glauben
Die Gattin des Kurfürsten, Elisabeth, Schwester des Dänenkönigs Christian, nahm Ostern das Abendmahl in beiderlei Gestalt; die Ehe war bereits zerrüttet. Joachim unterhielt ein Verhältnis zur bürgerlichen Katharina Hornung; er berief ein Gericht ein und forderte seine Frau, die er unter Hausarrest stellte, unter Strafandrohung auf, zur Papstkirche zurückzukehren
30.9.1527 Kaiser Karl V erklärt die Stadt Magdeburg in die Acht und Oberacht,
weil sie die Lutherische Lehre angenommen hatte.
1528 Die Kurfürstin Elisabeth floh nach Kursachsen und kehrte erst 1544 zurück
1530 Konfessio Augustano: Die Protestanten betonen den gemeinsamen Glauben,
bestanden aber auf Reformen

Sie gründeten den Schmalkaldischen Bund, Lutherrose

1532 erließ Karl V. auf dem Augsburger Reichstag die "Peinliche Gerichtsordnung"
Mit der ständigen Kriegsgefahr im 16. JH ging eine allgemeine Rechtsunsicherheit einher. (1507 Bamberger Halsgerichtsordnung 1516 auch in Brandenburg gültig Joachim gründete das Kammergericht in Berlin), Vorbild für die "Carolina"
1534 Luther vollendete die Bibelübersetzung. Erste Gesamtausgabe der Deutschen
Bibel
24.6.1535 Bischof von Jagow erreichte die Zustimmung des Kurfürsten zur
Aufhebung des Klosters Leitzkau
11.07.1535 Joachim I. starb. Testamentarisch verpflichtete er die Erben, "mit ihren
Landen und Leuten zu jeglicher Zeit bei dem alten christlichen Glauben, Religion, Zeremonien und Gehorsam der christlichen Kirche unverrückbar und unverändert" zu bleiben. Joachim II. wurde Kurfürst in Brandenburg. Er war verheiratet mit der Tochter des polnischen Königs Sigismund. Diese Frau blieb bis zu ihrem Lebensende eine überzeugte Katholikin.
13.2.1539 Von der Berliner Nikolaikirche erhielt der Kurfürst das Gesuch, das Osterabendmahl nach Luthers Lehre austeilen zu dürfen.
14.5.1539 Der Herzog Georg von Sachsen starb überraschend. Er sollte im Auftrag
Joachims beim Heiligen Stuhl in Rom vorfühlen, ob das Abendmahl in doppelter Form genehm sei.
18.4.1539 Die zehn Teltower Adligen trafen mit dem Bischof Jagow zusammen.
Dieser vermittelt beim Kurfürsten und erreichte, daß dieser den Auftrag erteilte, eine neue Kirchenordnung zu entwerfen.
Okt. 1539 Philipp Melanchthon begutachtete und besserte diesen Entwurf der neuen
Kirchenordnung, die nicht den Namen Luthers trägt, und empfahl, sie ab 1.11.1539 zu praktizieren
1.11.1539 Erstes evang. Abendmahl in St. Nikolai in Spandau
1540 Kaiser Karl V. genehmigte die neue Kirchenordnung in Brandenburg

1543 Das Evangelische Konsistorium als oberste Kirchenbehörde in Brandenburg
gegründet

1546 Luthers Tod (62jährig). Ein Jahr später besuchte Karl V. sein Grab in der
Wittenberger Schloßkirche. Von den Fürsten zur Härte gegen den toten Luther aufgefordert (Verbrennen des Leichnams) sagte er: "Ich führe mit den Lebenden und nicht mit den Toten Krieg!"
1547 Schlacht bei Mühlberg (24.4.1547). Der Kaiser besiegte mit 5000 Reitern und
20.000 Fußsoldaten die Protestanten unter der Führung des sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich, die mit ihren 30.000 Soldaten keine Schlachtordnung fanden

Trotz dieser Niederlage bleibt der Geist der Reformation in den Köpfen der Menschen bestehen und ließ sich nicht mehr verdrängen.

1550 erfolgte bereits die Auflösung des Klosters in Spandau


Nachdruck nur mit Zustimmung

des Verfassers

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