80jährige Geschichte der Kirchengemeinde Neufinkenkrug-

Rückblick und Ausblick

Text: H.-U. Rhinow

(Stand: 05.11.04)

Der Nauener Landrat Steinmeister erteilte am 19.5.1893 dem Kaufmann Ehlers die Genehmigung zum Bau von 30 Villen im Bereich der Bahnhaltestelle Finkenkrug.. Ein Jahr später entstanden die ersten Häuser. 1895 waren bereits 20 Neusiedler in Finkenkrug wohnhaft.. Die Nachfrage nach Grundstücken war so groß, dass 1899 inzwischen zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Siedlungsfläche verkauft waren. Die Ansiedlungsbank Berlin, die am 5.5.1898 Ehlers Besitzungen aufgekauft und eine erweiterte ursprüngliche Besiedlung beantragt hatte, erhielt am 5.9.1903 vom Landrat von Wilms dazu die Genehmigung. 1905 wohnten bereits 163 Einwohner in Neufinkenkrug, die zu dem Kirchenbezirk in Seegefeld zählten. Für diese Siedler hielt Superintendent Köhler am 30.9.1906 erstmals im neuen Schulraum Finkenkrug einen eigenen Gottesdienst. Im Jahre 1913 wohnten in Finkenkrug in 170 Landhäusern rd. 630 Einwohner.

Den für den Gottesdienst benutzten zweiten Schulraum beanspruchte ab 1914 die Schule selbst, man teilte sich also in den nächsten Jahren diesen Raum. So entwickelte sich immer stärker der Wunsch nach einer eigenen Kirche. Ab 1919 ammelten Gemeindeglieder Gelder für diesen Kirchenbau. Auf Betreiben des Kirchenältesten Paul Reinhardt begann man erstmals 1922 mit dem Bau der Kirche, der noch nicht mal nach Fertigstellung der Grundmauern in der Zeit der Inflation wieder eingestellt werden mußte.

Am 17. Mai 1924 zieht der Hilfsprediger Otto Voigt nach Finkenkrug. Er übernimmt am Ort die Gemeindearbeit und hält kurz darauf den ersten Gottesdienst im Schulraum. In logischer Folge wird am 1.10.1925 die eigenständige Kirchengemeinde "Neufinkenkrug" gegründet.

Pfarrer Otto Voigt leistete in den ersten neun Jahren über die Einweihung der neuen Kirche am 30.10.1926 hinaus bis zum Machtantritt des Naziregimes in Deutschland eine zielstrebige und erfolgreiche Aufbauarbeit.

Die attraktive Wohnlage in Finkenkrug hatte schließlich auch dazu geführt, dass sehr viele Mitglieder der Nationalsozialisten in Finkenkrug ansässig wurden. Bereits im Herbst 1933 kam es daher zum ersten Konflikt zwischen dem Finkenkruger Pfarrer Voigt und deutschnationalen Kirchenvertretern, die den Bischhof Müller als einen Befürworter der Naziideologie eingesetzt hatten. Drohungen, Terrormaßnahmen, Verhaftungen, Ausweisungen konnten den damals drangsalierten Pfarrer Voigt nicht einschüchtern, der bewundernswerten Widerstand gegen den wachsenden politischen Druck auf die Kirche leistete und widerstand. Viele Gemeindemitglieder stellten sich in dieser Zeit auf die Seite von Recht und Freiheit und unterstützten ihren Pfarrer nach Kräften. Nach Kriegsbeginn 1939 ebbten diese unmenschlichen Auseinandersetzungen ab.

Zur Linderung von Not und dem Elend der Nachkriegsjahre kam für die Kirchengemeinde die Aufgabe hinzu, unzählige Berliner Bombengeschädigte und Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten gesellschaftlich und kirchlich zu integrieren. Armut, Hunger, eiskalte Winterjahre, Einsamkeit der Witwen und Elend der Waisen, dazu die aufkeimende neue Diktaturzeit erschwerten dem Pfarrer die Arbeit ganz erheblich.

In den schwierigen Jahren der DDR-Diktatur, vor allem nach der Errichtung der Mauergrenze, geriet Falkensee-Finkenkrug immer stärker ins Abseits. Allein die Verkehrsumwege zu den Arbeitsstätten in Berlin waren unendlich weit und zeitaufwändig geworden. Falkensee lag als Grenzort westlich von Westberlin in isolierter, wenig attraktiver Randlage. Hinzu kam, dass sehr viele Finkenkruger als Beschäftigte bei Siemens und anderen Firmen in Westberlin jedenfalls bis 1961 in einem steten Flüchtlingsstrom den hiesigen Ort verließen. Diese Vorgänge destabilisierten natürlich auch die Gemeindearbeit erheblich. Kirchenchöre verloren ihre Mitglieder, Kirchenkantore, Gemeindehelfer verließen überraschend für alle fluchtartig Finkenkrug. Wer konnte da überhaupt noch vorausschauend planen, wer besaß noch Mut, Mitarbeiter einzuarbeiten.

Vierzig Jahre DDR-Propaganda und -Erziehung haben bei den Jüngeren zusätzlich bewirkt, atheistische Weltanschauungen hervorzukehren mit fatalen Folgen für die Kirchengemeinden. Zur Zeit der Wende waren kaum noch 20 % der Bevölkerung eingeschriebene Mitglieder der Kirche. Religion ist bei der Mehrheit der Jugend überhaupt nicht mehr gefragt, hat einen verächtlichen Touch.

Hier hat die Kirchengemeinde zukünftig sicher eine verantwortungsvolle und sehr entscheidende neue Aufgabe zu übernehmen. Ihr kommt in Finkenkrug vielleicht zugute, dass in den letzten zehn Jahren sehr viele Westberliner zuzogen und zahlreiche ehemalige Falkenseer aus den alten Bundesländern zurückkamen, die vielseitige Erfahrungen und Wertschätzung kirchlicher Arbeit mitbrachten und die älteren, treuen Gemeindemitglieder unterstützen können.

Solange viele Finkenkruger bewusst oder unbewusst immer noch an alten sozialistischen oder auch humanistischen Maximen festhalten, dass der Mensch von Natur aus gut und daher nur aus seiner gesellschaftlichen Zwangslage wirtschaftlicher Ausbeutung oder Abhängigkeit zu befreien sei, dass der Mensch selbst das Maß aller Dinge ist und sie allein und ausschließlich bestimmt, steht sehr viel Missionierungsarbeit an. Nach christlicher Auffassung ist der Mensch gut und böse; er benötigt daher werthafte Vorbilder und bei christlicher Glaubenshaltung der Gewissheit der Vergebung seiner Sünden. So verstanden ist Religion eine Sache, die weit über jeden einzelnen Menschen hinausreicht, die nicht zuletzt auch eine Gemeinschaft sozialethisch stabilisiert und im Glauben vereint. Wir wünschen unserer Kirchengemeinde Geschick, Geduld, Kraft und Beharrlichkeit für diese vielfältige Arbeit.


Die Chronik der evang. Kirchengemeinde Neufinkenkrug finden Sie hier: -->Chronik

Die Satzung des Kirchbaufördervereins Neufinkenkrug finden Sie hier: -->Vereinssatzung

Den neuen Flyer finden Sie hier: -->Flyer

Die Beitrittserklärung zum Kirchbaufördervereins Neufinkenkrug finden Sie hier: -->Beitrittserklärung

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